Der sanktionierte Oligarch Alischer Usmanow kann den Sommer nicht so genießen, wie es der Milliardär gewohnt ist. Seine Mega-Jacht „Dilbar“ hängt noch immer in Hamburg fest – und daran wird sich trotz Klagen wohl wenig ändern.
Der Sommerurlaub fällt nicht nur für viele Ottonormalverbraucher ins Wasser: Ende Juni strengte der schwerreiche Oligarch Alischer Usmanow Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof an, um die Sanktionen gegen ihn aufzuheben. Binnen weniger Tage entschied der amtierende Präsident des Gerichts im vorläufigen Verfahren sehr schnell, dass der Antrag abgewiesen wird. Der Kampf um die „Dilbar“ geht also weiter – und Usmanow sitzt auf dem Trockenen.
Usmanow beantragte die Aussetzung des Verfahrens gegen ihn, also im Wesentlichen die Aussetzung des Vollzugs des Beschlusses, sprich die Sanktionen. Dagegen geht der Oligarch bereits seit Aufnahme auf die entsprechenden Listen vor, zu denen sein Name Ende Februar, gleich nach Beginn der russischen Invasion, hinzugefügt wurde.STERN PAID 11_22 Putins Profiteure 10.05
Schon bei seinem Rücktritt als Präsident des Welt-Fecht-Verbands FIE schrieb er: „Ich bin der Meinung, dass diese Entscheidung ungerecht ist und die Gründe, die zur Rechtfertigung der Sanktionen angeführt werden, eine Reihe von falschen und verleumderischen Behauptungen sind, die meine Ehre, meine Würde und meinen geschäftlichen Ruf schädigen.“
„Herr Usmanow ist ein kremlfreundlicher Oligarch“
Im Rahmen des Beschlusses erinnert das Gericht, warum Usmanow auf der Sanktionsliste gelandet ist. Zitat: „Alischer Usmanow ist ein kremlfreundlicher Oligarch, der besonders enge Beziehungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin hat. Er wurde als einer der Lieblingsoligarchen von Wladimir Putin bezeichnet. Er gilt als einer der offiziellen Geschäftsleute Russlands, der für die Verwaltung der Finanzströme zuständig ist, dessen Position jedoch vom Willen des Präsidenten abhängt. Herr Usmanow hätte als Frontmann für Präsident Putin fungiert und seine Probleme im Bereich der Wirtschaft gelöst. Laut FinCEN-Akten zahlte er Wladimir Putins einflussreichem Berater Valentin Jumaschew sechs Millionen Dollar. Dmitri Medwedew, stellvertretender Vorsitzender des russischen Sicherheitsrates und ehemaliger Präsident und Premierminister Russlands, profitierte von der persönlichen Nutzung luxuriöser Residenzen, die von Herrn Usmanow kontrolliert wurden.“
Zusammenfassend heißt es weiter: „Er hat daher russische Entscheidungsträger, die für die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich sind, tatkräftig materiell oder finanziell unterstützt.“Oligarchen Jachten Russland Ukraine 17.03
Gericht erkennt keine Dringlichkeit
Ferner stellte das Gericht fest, dass der Antrag keine Dringlichkeit, beziehungsweise „keinen schwerwiegenden, nicht wiedergutzumachenden“ Schaden nachweist. Nach Ansicht des Richters habe sich Usmanow nur auf einen Schaden berufen, der sich auf die finanzielle Lebensfähigkeit von drei Tochtergesellschaften von USM bezieht, an denen er einen Anteil von 49 % hält und die er daher nicht kontrolliert.
Er konnte laut Gericht auch nicht nachweisen, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der finanziellen Situation der Tochtergesellschaften und seiner Aufnahme in die Sanktionsliste der EU besteht.
Das Gericht teilte dem stern mit, dass der Oligarch bislang keine Rechtsmittel gegen den Beschluss eingelegt hat. Aber: Die Klage läuft dennoch weiter, auch wenn ein Termin für eine mündliche Verhandlung in diesem Hauptsacheverfahren derzeit aussteht.
Denn es müssen zwei Verfahren unterschieden werden: Das Hauptverfahren (oder Klageverfahren) und das vorläufige Rechtsschutzverfahren. Nur in letzterem hat das Gericht bisher entschieden. Das gleiche gilt für zwei identische Verfahren, die seine beiden Schwestern Gulbakhor Ismailowa und Saodat Narsiewa betreffen.
Gibt es eine zweite Jacht?
Der Blog „Luxurylaunches“ schreibt, dass sich Usmanow dennoch keine Sorgen machen müsse, dieses Jahr das Meer nicht bereisen zu können. Dem Bericht zufolge habe er eine weitere Jacht namens „Alaiya“ (IMO 1013016), die bis dato unbehelligt durch die Welt schippert.
Allerdings darf bezweifelt werden, dass die „Alaiya“ (ehemals hieß das Schiff „Tis“ und „Lady Gulya“) wirklich Usmanow gehört. Branchen-Insider wie „Superyachtfan“ und „Yachtbible“ berichten, dass das Lürssen-Schiff durch zahlreiche Hände ging und seit 2021 dem indischen Multimilliardär Lakshmi Mittal gehöre. Dieser soll es lange vor der Invasion von Usmanow abgekauft haben.
Dafür, dass Usmanow die „Alaiya“ nicht besitzt, spricht auch der aktuelle Aufenthaltsort des Schiffes. Die 111-Meter-Jacht liegt derzeit vor der griechischen Insel Syros in der Ägäis – innerhalb der Reichweite der EU.
Quellen: European Sanctions, InfoCurie, FIE, Luxurylaunches, Superyachtfan, Yachtbible